Handlettering lernen
Was ist Handlettering oder Lettering?
Handlettering ist die Kunst, Buchstaben per Hand zu malen. Oft hört man auch, es sei „Die Kunst der schönen Buchstaben“. So können Botschaften, Zitate, einzelne Worte oder auch ganze Texte gestalterisch umgesetzt sein. Im Gegensatz zur Kalligrafie müssen dabei nicht alle Buchstaben elegant und gleichförmig sein. Beim Lettern werden gerne verschiedene Schriftarten gemixt, Dekoelemente hinzugefügt und sogar verschiedene Werkzeuge in einem Lettering benutzt.
Zwar entstand die Notwendigkeit, Worte und Informationen schön zu präsentieren, schon lange vor unserer Zeit. Große Holz- oder Blechschilder wurden von „Sign-Paintern“, also Schildermalern bemalt, um auf Gewerbe oder Angebote hinzuweisen. Auch heute noch ist Sign Painting ein sehr spannendes Thema, das Handlettering hat sich von da aus aber in viele Richtungen weiter entwickelt. Außerdem findet sich die klassische Kalligrafie in moderner Form im Handlettering wieder.
Mit Hilfe von Computern und Druckern wurden Schriftzüge dann in großen Auflagen und kostengünstig ohne den Einsatz von Pinseln und Farbe umgesetzt. Firmenschilder werden gedruckt, Schaufenster von Kaufhäusern werden beklebt. Der Preis am Auto wird nicht mehr aufgepinselt, sondern steht ausgedruckt hinter der Windschutzscheibe.
Wozu braucht man überhaupt noch Handlettering, wenn doch alles mit dem Computer gemacht werden kann?
Zum Einen ist in den letzten Jahren bei vielen der Wunsch nach liebevoll selbst kreierter Handarbeit gestiegen. Es wir gehäkelt und genäht, gebastelt und gemalt – und zwar nicht nur bei Oma, sondern eben auch in den viel jüngeren Generationen. Inzwischen hat die handgemalte Schrift Einzug in die „Ateliers“ (wie dem Küchentisch) vieler kreativer Hobby-KünstlerInnen gefunden. Natürlich werden hier keine Firmennamen oder Werbebotschaften umgesetzt. Statt dessen werden Sprüche und Zitate, Lebensweiseheiten oder auch Gruß- und Einladungskarten gelettert. Die Entschleunigung beim Kreativsein und der schöne Nebeneffekt, etwas Eigenes und Einzigartiges gezaubert zu haben, machen das kreative Hobby zu einem befriedigenden Entspannungsprogramm für zu Hause.
Zum Anderen ist eben der handgemachte Charakter der von Hand gemalten Buchstaben am Computer eben nicht so einfach zu Erzeugen. Die nicht ewig gleichen Buchstabenformen, die Windungen und Bögen der Schriftzüge, die verschieden positionierten Dekoelemente – zwar lässt sich Computerschrift auch verformen und verändern; das typische Aussehen eines Letterings bekommt man aber immer noch am besten mit der Hand hin. Dabei muss das Ganze nicht auf dem Papier passieren. Ganz im Gegenteil: immer mehr Letterings entstehen digital auf dem iPad. Und trotzdem werden sie mit dem Stift und der Hand gemalt und zählen deshalb ebenfalls zum Handlettering.
Welche Arten von Handlettering gibt es?
Handlettering und Brushlettering im Allgemeinen
Die im Hobby-Bereich gängigste Form ist das Lettern mit Stiften auf Papier. Man braucht dafür nicht viel Material: neben dem richtigen Papier, Finelinern und evtl. Brushpens helfen Bleistift und Radiergummi bei der Planung, ein Lineal dient zum Einzeichnen von Hilfslinien. Das genügt völlig für’s Lettering und man kann ein Leben lang dabei bleiben, ohne das einem langweilig wird (siehe auch Stifte und Papier für’s Handlettering). Wenn du diese Art von Handlettering lernen möchtest, schau dir meine kostenlose Kurse an.
Eine Unterkategorie des Handletterings ist das so genannte Brushlettering. Zwar deutet der Name (Brush = engl. für Pinsel) auf das Malen mit einem Pinsel hin. Es gibt aber inzwischen eine Vielzahl von Brushpens, die mit ihrer flexiblen Pinselspitze den Effekt eines Pinsels nachahmen. Die Stifte gibt es in den unterschiedlichsten Farben und Variationen, so dass es unendlich viele Möglichkeiten für deren Einsatz im Handlettering gibt. Oft bestehen Letterings aus einer Kombination von Skript-Schriften, die mit dem Brushpen gemalt wurden und weiteren Lettern, die mit Fineliner gezeichnet werden.
Watercolor Lettering
Wenn tatsächlich mit einem Pinsel gelettert wird, spricht man von Watercolor Lettering. Hier wird mit Aquarellfarbe oder flüssigen Wasserfarben gearbeitet. Auch eine Kombination mit Finelinern und weiteren Materialien ist möglich und sieht wunderschön aus. Hierbei ist es ganz gut, die Grundlagen des Brushletterings bereits zu beherrschen.
Chalklettering oder Kreidelettering
Lettern mit Kreide auf einer Tafel, einem mit Tafelfarbe bemalten Untergrund oder sogar der Straße bezeichnet man als Kreidelettering. Alternativ zu echter Tafel- oder Künstlerkreide werden auch Kreidestifte eingesetzt. Diese halten auch auf glatten Oberflächen wie z.B. Fenstern und können Rückstandslos wieder entfernt werden.
Muss ich Brushlettering können, um Handlettering zu lernen?
Nein! Nicht jedes Handlettering muss auch Brushskript beinhalten. Und selbst, wenn Dir dieser Stil sehr gefällt und Du das eine oder andere Wort in schöner Schreibschrift mit dicken Abstrichen in Dein Lettering integrieren möchtest, kannst Du das mit Hilfe von Faux Calligraphy ohne Brushpen (und die dafür notwendige Übung) erreichen. Ein Tutorial dazu findest Du in meinem Beitrag Der richtige Pep für Deine Handschrift: Faux Calligraphy.
Aber auch ganz ohne Skript sehen Letterings interessant und vielseitig aus. Schaue Dir das folgende Beispiel an:
Hier habe ich ausschließlich mit einem Fineliner gearbeitet und auf Faux Calligraphy verzichtet. Ich habe sogar nur eine einzige einfach Schriftart verwendet: serifenlosen Druckbuchstaben. Allein die Dekoration und die Anordnung der Worte machen aus dem Text ein Handlettering. Nicht nur, weil es handgemacht ist. Dann wäre ja jeder handgeschriebene Notizzettel bereits ein Kunstwerk. Zu einem gelungenen Handlettering gehört schon etwas mehr…
Was macht ein Handlettering aus?
Neben dem Fakt. dass der Text handgemalt und nicht etwa mit dem Computer geschrieben und ausgedruckt wurde, machen für mich folgende Punkte ein Wort, Spruch, Zitat oder Text zu einem Handlettering-Unikat.
1. Besondere Schriftarten
Mit dem Stift in der Hand hast Du die Freiheit, jeden einzelnen Buchstaben so zu gestalten, wie er gerade in Dein Konzept passt. Dabei ist die Anzahl möglicher Schriftarten schier unendlich. So können Deine Buchstaben aus dicken oder dünnen Linien bestehen – oder aus einer Kombination von dick und dünn. Die Buchstaben können geradlinig sein oder geschwungene Bögen aufweisen. Von der Ausprägung verschiedenster Serifen ganz zu schweigen! Solange die Schrift noch leserlich ist, ist alles erlaubt.
Inspiration für verschiedene Schriftarten und -Stile werde ich Dir noch in Hülle und Fülle geben – die Kunst ist, diese miteinander zu kombinieren. Als erstes heißt es beim Handlettering lernen also Schriftarten kennen- und zeichnen zu lernen, um dann verschiedene Kombinationsmöglichkeiten ausprobieren.
2. Ansprechendes Layout
Natürlich werden nicht einfach Worte in verschiedenen Schriftarten aneinander gereiht. Besteht der Text aus mehr als einem Wort, wird er meist auf mehrere Zeilen aufgeteilt. Diese Zeilen können zentriert werden oder im Blocksatz gesetzt sein. Die Grundlinien, also die imaginären Linien, auf denen die Worte der einzelnen Zeilen stehen, müssen dabei keineswegs gerade und parallel sein. Auch schräge Grundlinien, Bögen und Wellen sehen toll aus…
Es gibt unzählige Varianten von Kompositionen, aber alle setzen etwas Planung voraus. Mit etwas Übung gelingen schöne Letterings auch ohne Vorzeichnen und Vormalen – etwa, wenn kurze Worte untereinander zentriert werden sollen wie im obigen Beispiel „Every rose has its thorns“ (Jede Rose hat ihre Dornen). Doch sobald es über das einfache Zentrieren hinausgeht, ist schon etwas Vorüberlegung und oft nicht nur eine Skizze, sondern mehrere Überarbeitungen und Vorzeichnungen nötig.
Layout und Komposition sind wichtig, wenn es nach dem Erlernen verschiedener Schriftarten um die Gestaltung eines fertigen Letterings geht. Welche Tricks und Tipps es gibt, ein Layout zu entwerfen und welche Kompositionen gut funktionieren, zeige ich Dir also in späteren Beiträgen.
3. Deko, Farbe und Schatten
Ein zarter Schatten, ein paar Farbklekse oder eine kleine Illustration – grafische Elemente sind kein Muss, peppen ein Handlettering aber ungemein auf. Es gibt einfache Tricks, mit denen Du tolle Effekte erzielen kannst. Mit etwas Übung und dem richtigen Know-How gelingen aber auch komplexere Schmuckelemente. Blumen, Kakteen, kleine freche Monster aber auch Fahnen, Banner und Wimpel können zum Hingucker werden. Bei der Dekoration hast Du ebenso wie bei der Buchstabengestaltung Gelegenheit, Dich künstlerisch auszutoben.
Im Beispiel „Meet me under the mistletoe“ sind gleich mehrere Dekoelemente eingearbeitet. Es gibt zunächst eine Illustration, die teilweise unten wiederholt wird. Außerdem ist die Schrift zum Teil schattiert, zum Teil mit Highlights, also weißen Glanzpunkten versehen. Das mit Brushpen gemalte Wort „misteltoe“ weist außerdem einen Farbverlauf auf. Du siehst also: auch dieses Kapitel bietet jede Menge Möglichkeiten.
Nicht nur wegen der unzähligen Techniken und auch verschiedenen Werkzeuge und Trends wird dieses Kapitel den wohl größten Teil meiner Handlettering-Serie ausmachen. Du kannst Dich auf jede Menge Tutorials und Anleitungen freuen, um deine Letterings zu richtigen Kunstwerken zu machen.
Was brauche ich, um Handlettering zu lernen?
Zunächst einmal einen Fineliner und Papier. Wir beginnen mit einfachen Schriftarten, um einige Grundlagen aber auch verschiedene Schriftarten zu lernen. Dazu brauchst Du wirklich kein ausgefallenes Werkzeug und auch kein besonderes Papier. Ein karierter Spiralblock oder günstiges Druckerpapier sind genau richtig: Du brauchst Dir weder Gedanken darüber zu machen, dass Deine Übungen perfekt werden, noch musst Du übertrieben Papier sparen. Außerdem ist einfaches Kopierpapier dünn genug, um die Linien eines darunter liegenden Blattes zu sehen. Sei es, um Buchstaben nach zu zeichnen oder um Führungslinien zu verwenden.
Wenn du über deine allerersten Versuche hinaus bist, wirst du dich nach besserem Material umsehen. Das erste, wirkliche Must-Have, das ich als solches fürs Handlettering definieren würde, ist ein Set aus Micron Finelinern und dem punktkarierten Rhodia DotPad A4. Die Fineliner haben unterschiedliche Strichbreiten – was du bald zu schätzen wissen wirst. So feine Linien wie mit dem 005er Micron bekommst Du mit kaum einem anderen Fineliner hin – die Grundlage für feine Schatten- und Dekolinien. Die Punkte im „Dot Pad“ führen beim Lettern perfekt und verschwinden später fast hinter dem Lettering. Dabei stören sie längst nicht so wie das Karomuster eines normalen Spiralblocks.
Aber das aller, aller wichtigste, was Du für das Handlettering – Lernen brauchst ist: regelmäßig Zeit und etwas Geduld mit Dir selbst. Jeden Tag 20 oder 30 Minuten der Lettering-Kunst zu widmen ist allemal besser, als sich nur einmal pro Woche stundenlang hinzusetzen, bis es vielleicht gar keinen Spaß mehr macht. Vieles klappt durch Wiederholung und prägt sich nicht nur im Kopf, sondern auch ins Muskelgedächtnis ein.
Bist Du bereit?
Dann geht es hier entlang zu: Handlettering Grundlagen
Herzlichen Dank, Ludmila, sehr inspirierend 🙂